
Wie geht eigentlich Yin Yoga? Und was steckt hinter dem sanften Yogastil? Zugegeben, für viele Anfänger ist das passive Yin Yoga nicht immer einfach umzusetzen und auszuführen – oder gar zu verstehen. Auch wer ansonsten eher dynamischeres Yoga übt (Vinyasa, Ashtanga), dem erschließen sich Philosophie und Intention des Yin Yoga zu Beginn oft nur mühsam. Wo also anfangen? Am besten bei den drei Grundprinzipien des Yin Yoga!
Die US-amerikanische Yogalehrerin Sarah Powers gilt gemeinhin als Mitbegründerin des modernen Yin Yoga, wie wir es heute üben. Zusammen mit Paul Grilley war sie zunächst Schülerin bei Kampfkunstmeister und Yogalehrer Paulie Zink, der in den 1970er-Jahren als erster Yogalehrer damit begann, Hatha-Yoga mit taoistischen Ansätzen zu verbinden und lang gehaltene Bodenposen in die Yogapraxis mit einfließen zu lassen.
Gemeinsam mit Paul Grilley formte Sarah Powers daraus schließlich das Yin Yoga, wie es auch heute noch überall auf der Welt geübt und praktiziert wird. Ihr zufolge basiert dabei jede einzelne Yin Yoga-Einheit auf drei grundlegenden Prinzipien – den Grundsätzen des Yin Yoga!
Diese lauten:
Finde deine Grenze
Halte Geist und Körper ruhig
Halte die Pose
Doch was bedeuten diese drei Grundprinzipen des Yin Yoga, was macht sie aus und wieso sind sie so wichtig für die Yin Yoga-Praxis? Hier findest du einen Überblick!
Die drei Grundprinzipien im Yin Yoga – und was sie bedeuten!
1. Finde deine Grenze
Da wir im Yin Yoga mehrere Minuten in einer Haltung verweilen, haben wir genug Zeit, um uns zunächst in der Pose einzurichten. Heißt: Unseren Grenzpunkt bzw. die richtige Balance zwischen zu viel und zu wenig Anstrengung zu finden.
Wir leben in einer sehr yang-lastigen Welt, in der es oft unser Ziel ist, schneller, höher, weiter zu kommen – auch im Yoga. Wir ziehen uns mit Kraft in eine Haltung und in die Dehnung hinein, um uns selbst zu zeigen, dass wir es können und dass wir es diesmal bestimmt weiter schaffen. Aber darum geht es im Yin Yoga nicht; vielmehr wollen wir dem Körper das Signal zum Loslassen und damit zum Entspannen geben, um nur mithilfe der Schwerkraft und nach und nach tiefer in die Dehnung hineinzusinken.
Eine meiner Yin Yoga-Ausbilderinnen, Kassandra Reinhardt, hat dafür einen wunderbaren Trick: Stelle dir zu Beginn jeder Yin Yoga-Haltung in Gedanken eine Skala von 1 bis 10 vor. 1 bedeutet dabei „Ich spüre überhaupt nichts!“, 10 bedeutet „Ich gehe so weit, wie ich es schaffe und nutze maximale Anstrengung!“
Und jetzt? Versuche zu Beginn jeder Yin-Pose nicht weiter als 4 bis 5 zu gehen! Nutze, wenn du die Stelle erreicht hast, Hilfsmittel wie Bolster, Blöcke oder deine Decke, um Körperpartien abzupolstern.
Stelle dir in Gedanken eine Skala von 1 bis 10 vor, um deine Grenze zu finden!
Wie Yin Yoga ganz allgemein, so ist auch das erste Grundprinzip eine echte Herausforderung für unseren Geist und für unser Ego – höre auf, bevor du deine maximale Leistung erreichst.
Übrigens gibt es ein paar klare Anzeichen dafür, dass du zu weit gegangen und deine Grenze überschritten hast! Diese können z. B. sein:
- Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Gliedmaßen
- Kurzatmigkeit
- Schmerzen
Spürst du eines (oder gleich mehrere!) dieser Anzeichen, bist du ziemlich sicher zu weit gegangen – gehe also lieber wieder einen Schritt zurück!
2. Halte Geist und Körper ruhig
Eine der schwierigsten Übungen im Yin Yoga ist gar nicht mal die körperliche Ausrichtung bzw. der physische Teil. Auf dem Boden sitzen oder liegen und entspannen? Das kann ja nicht allzu schwer sein …
Das mag zwar sein – doch die viel größere Herausforderung liegt im absoluten Innehalten und im minutenlangen Verweilen in einer Haltung. Einfach im Moment zu sein und diesen so anzunehmen, wie er nun einmal ist, kann jede Menge Empfindungen und Emotionen sprudeln lassen. Unsere Gedanken beginnen zu kreisen und wir sind auf einmal stark mit uns selbst konfrontiert.
Klare Anzeichen dafür, dass du dich abzulenken versuchst sind z. B.:
- Zappeln
- Vermeintlicher Juckreiz und Kratzen
- Kurzatmigkeit
This principle calls for us to be honest with ourselves, to really hold up a mirror and see how we behave on the mat—which is usually a direct reflection of how we behave in the rest of our lives.
Kassandra Reinhardt
Der zweite Grundsatz ist deshalb eine tolle Übung, die uns nicht nur bei der Praxis auf der Matte, sondern auch im Alltag helfen kann, unangenehme Situationen und Konfrontationen anzunehmen und ihnen entgegenzutreten, statt ihnen auszuweichen oder vor ihnen davonzulaufen.

3. Halte die Pose
Im Yin Yoga werden die einzelnen Haltungen länger als in anderen, dynamischeren Yogastilen gehalten – durchschnittlich drei bis fünf Minuten. Das ist möglich, da im Yin nicht mit Muskelkraft, sondern mit der Schwerkraft gearbeitet wird und der Körper nach und nach entspannen und in die Posen hineinsinken kann.
Wenn du bemerkst, dass es dir schwerfällt, die ganze Zeit in der Pose zu verweilen, geh wieder ein kleines Stück aus der Haltung zurück. Schnapp dir ein Bolster, einen Block oder deine Decke, um deinen Körper zu (unter)stützen. Und dann lasse dich erneut sinken.
Ziel im Yin Yoga ist es immer, den Körper so zu entspannen, dass er das Signal zum sicheren Loslassen bekommt!
Die drei Grundprinzipen des Yin Yoga – sie funktionieren nur zusammen!
Die drei Grundprinzipien helfen dir dabei, sicher und erfüllend Yin Yoga zu üben! Sie bauen dabei aufeinander auf und greifen ineinander – wird eine vernachlässigt, fallen dir mit großer Sicherheit auch die anderen Prinzipien schwer.
Nimm dir während deiner Yin-Praxis deshalb immer wieder ganz bewusst Zeit, um dich selbst zu überprüfen – hast du deine Grenze gefunden oder bist du zu weit gegangen? Zappelst und zuppelst du oder gelingt es dir, wirklich vollkommen still zu bleiben?
Was sind deine größten Herausforderungen beim Einhalten der drei Grundprinzipien? Und welche fällt DIR am schwersten? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar!
Namasté & keep exploring!